25. Spieltag – das Frankenderby

Satz mit X

Ohne jammern zu wollen: Aber es gibt Leichteres, als eine Kolumne nach einer krachenden und verdienten Niederlage im Prestige-Duell gegen unsere lieben Nachbarn aus der Westvorstadt zu schreiben.

Wie wäre es mit ein paar Zeilen über´s Wetter? Über spannende Skandinavien-Krimis? Über gute Konzerte? Nein? Es muss echt der Glubb sein? Etwas zur 264. Ausgabe der Mutter aller Derbys? Ich habe es befürchtet.

Nun denn.

Bei einem zweistündigen Spaziergang heute, habe ich versucht, den Kopf wieder von all den Fragezeichen zu befreien und meine Gedanken zu sortieren. Wieso, weshalb, warum? Warum wollen die Fürther den Sieg im Derby immer mehr als unsere Mannen auf dem Platz? Warum tun wir uns jedes Mal so schwer gegen sie? An was hat´s gelegen? War der Druck doch zu groß? Hat die Mannschaft die Bedeutung dieses Spiels nicht erkannt? Hat Coach Michael Köllner das Team nicht erreicht und/oder in der Aufstellung der Elf Fehler gemacht?

Zu einem sinnvollen Ergebnis bin ich nicht gekommen.

Objektiv betrachtet hatte ja alles für uns gesprochen: Wir empfingen die Gäste aus der Westvorstadt als Tabellen-Erster und das Kleeblatt wiederum hatte durch die Siege von Darmstadt und Kaiserslautern am Vortag zusätzlich Druck, um nicht weiter in den Abstiegstrudel zu geraten. Zu verlieren hatten im Prinzip nur die Weiß-Grünen. Zu gewinnen dagegen vor allem wir: Mit einem Sieg hätten wir uns an der Tabellenspitze festsetzen können und gleichzeitig noch den (un)geliebten Nachbarn etwas tiefer in die Krise reißen können.

Es sei Nachbarschaftshilfe gewesen, sagte mir gestern Abend jemand ernsthaft. Never ever! Wie soll das ablaufen? Stellt sich Köllner in die Kabine und sagt: „Leute, stellt euch bitte an, lauft unmotiviert übers Feld und gönnt den Fürthern mindestens ein, zwei Treffer und schießt selbst keine. Die brauchen die Punkte. Über die Fans macht euch keine Gedanken, die stecken das schon weg, ist ein Spiel wie jedes andere.“ Abgesehen davon, dass ein gewisser Teil der Mannschaft dafür eine Übersetzung vom Oberpfälzischen zumindest ins Hochdeutsche gebraucht hätte, ist das doch totaler Bullshit.

Ich bin überzeugt, dass kein Fußballer gerne schlecht spielt oder Spaß daran, zu verlieren. Derby hin oder her. Warum das Spiel so lief wie es lief – ich kann es nicht erklären und nachvollziehen. Und das ist frustrierend.

Daher rief ich meinen Vater an. Er begrüßte mich mit den Worten: „Scheiß Glubb“. Am liebsten hätte ich sofort wieder aufgelegt. Hab ich natürlich nicht, denn seine Reaktion war vorhersehbar und ich habe sie erwartet. Warum rufst du ihn denn dann überhaupt an, werden einige verständnislos einwenden. Ganz einfach: Damit überliste ich mich selber. Denn wenn mein Vater anfängt, sich über unseren Herzensverein aufzuregen, dann kommt in mir der Trotz hoch. Zuverlässig. Dann schwillt mir Hals, ich ärgere mich über so viel fränkischen Pessimismus („Etz vergeing mers nu, des sooch ich der!“) – und nehme meinen Glubb in Schutz.

Die entsprechenden Argumente hatte mir Andi gestern schon an die Hand gegeben. Da fielen wir uns nicht wie so oft in den letzten Wochen und Monaten nach den Spielen freudetrunken um den Hals. Unter Leidensgenossen braucht´s in bestimmten Situationen keine Worte, Blicke reichen, und eine stumme Umarmung. Aber Andi hatte auch schon für mich „gearbeitet“: „Auf dem Block und dem Weg hierher zum Max habe ich schon alle Argumente für deine Wundertexte gesammelt“, verkündete er.

Ich hoffe, ich kriege sie noch alle zusammen:

Die Niederlage war verdient. Wir haben mal wieder eine Riesenchance vergeigt. Endlich mal wieder fast volles Haus, und dann das. Aber: Das Hinspiel haben WIR gewonnen – ein historisches Ereignis! Wir haben mal nicht 4 oder gar 6 Punkte an das Kleeblatt abgegeben in einer Saison. Es war der Dämpfer zu richtigen Zeit. Besser jetzt als erst am 30. Spieltag. Im Moment ist nichts verloren – wir sind, nach dem Düsseldorfer Sieg, Zweiter und damit immer noch direkter Aufstiegskandidat. Kiel ist zwar wieder Kiel und Regensburg wieder Regensburg, aber wir haben es immer noch selbst in der Hand, den Fünf-Punkte-Abstand auf Rang drei zu halten.

Meinen Vater konnte ich eher nicht überzeugen, meist wechseln wir das Thema nach kurzer Diskussion über den Glubb, weil nie einer von uns beiden nachgibt. Aber ich habe mich besser gefühlt nach dem Gespräch. Überzeugt von den Argumenten. Positiv gestimmt. Dann gewinnen wir eben die restlichen Saison-Spiele. Und am Ende der Saison können wir dann mal schauen, was die Westvorstädter sich vom Derby-Sieg kaufen können.

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